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BSI: Hackerattacke auf Uniklinik Düsseldorf wäre verhinderbar gewesen

16. Januar 2021

Am 11. Januar 2021 berichtete RP Online[i], die „Hackerattacke auf Uniklinik Düsseldorf wäre verhinderbar gewesen“. Laut RP Online sagte der Präsident des BSI auf einen Kongress zur inneren Sicherheit, der Hackerangriff „hätte schon mit dem einfachen Grundschutz des BSI verhindert werden können“. Der Bericht wurde auf LinkedIn am 12.1.2021 geteilt und kommentiert.

Hat das BSI recht? Hätte die Vorgehensweise nach BSI Grundschutz den Angriff verhindert?

Welche Schwachstelle wurde von den Angreifern für den initialen Zugriff genutzt?

Heise Online[ii] berichtet am 22.9.2020, dass vermutlich die Shitrix bezeichnete Schwachstelle CVE-2019-19781 zum Einstieg ins das Netzwerk der Uniklinik verwendet wurde. CVE-2019-19781 ist eine Schwachstelle in den Citrix Produkten Citrix Application Delivery Controller, Citrix Gateway und Citrix SD-WAN WANOP Appliance. Diese Citrix-Produkte werden zur Absicherung des externen Zugriffs auf das private Netzwerk einer Organisation eingesetzt. Sie werden in der Internet-DMZ betrieben und sind in der Regel für alle Internetteilnehmer sichtbar und damit von diesen angreifbar.

Laut Citrix[iii] handelt es sich bei CVE-2019-19781 um eine Remote-Code-Execution-Schwachstelle (RCE). Der Access-Vector[iv] ist CVSS:3.1/AV:N/AC:L/PR:N/UI:N/S:U/C:H/I:H/A:H, die Severity ist 9.8.

Die folgende Tabelle zeigt die zeitliche Entwicklung von der Schwachstelle bis zum Patch.

16.12.2019 Citrix veröffentlicht mitigierende Maßnahmen[v] für CVE-2019-19781, da die Schwachstelle bereits in Angriffen genutzt wurde.
17.12.2019 Citrix veröffentlicht die Schwachstelle[iii].
18.12.2019 Warnung[vi] des BSI, Risikostufe 3.
27.12.2019 Veröffentlichung in der NIST NVD Datenbank[iv].
11.1.2020 Veröffentlichung des ersten Exploit EDB-ID 47901[vii] in der Exploit Datenbank.
13.1.2020 Update Warnung[viii] des BSI, Risikostufe 4.
19.1.2020 Citrix veröffentlich die ersten korrigierten Programmversionen.
24.1.2020 Für alle Programmversionen sind Patches vorhanden.

Citrix berichtet[iii] am 17.12.2019, dass „Exploits of this issue on unmitigated appliances have been observed in the wild. Citrix strongly urges affected customers to immediately upgrade to a fixed build OR apply the provided mitigation which applies equally to Citrix ADC, Citrix Gateway and Citrix SD-WAN WANOP deployments.” Damit handelte es sich bei CVE-2019-19781 um eine Zero-Day-Schwachstelle. Hier ist Eile geboten. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass Citrix bereits einen Tag vor der Schwachstelle mitigierende Maßnahmen[v] veröffentlicht hat.

Welche Optionen hat man in derartigen Szenarien?

Option Patchen/Mitigieren

Das Australien Cyber Security Centre (ASCS) macht im Abschnitt System Patching des “Australian Government Information Security Manual”[ix] klare Vorgaben:

Security Control: 1144; Revision: 9; Updated: Sep-18; Applicability: O, P, S, TS; Priority: Must Security vulnerabilities in applications and drivers assessed as extreme risk are patched, updated or mitigated within 48 hours of the security vulnerabilities being identified by vendors, independent third parties, system managers or users.

CVE-2019-19781 hat Severity 9.8, die Ausnutzung der Schwachstelle führt zum vollständigen Verlust der Integrität des Systems. Damit fällt die Schwachstelle in diese Kategorie. Da kein Patch verfügbar war, müssen die von Citrix am 16.12.2020 veröffentlichten mitigierenden Maßnahmen spätestens am 19.12.2019 umgesetzt sein.

Im BSI Grundschutz, Edition 2020[x] vermisst man im Abschnitt OPS.1.1.3: Patch- und Änderungsmanagement diese klaren Hinweise. OPS.1.1.3.A1 gibt folgenden Hinweis: „Patches und Änderungen SOLLTEN nach Wichtigkeit und Dringlichkeit klassifiziert und entsprechend umgesetzt werden.“

Das SOLLTEN ist hier irritierend. SOLLTE bedeutet im Sinne des Grundschutzes, „dass eine Anforderung normalerweise erfüllt werden muss, es aber Gründe geben kann, dies doch nicht zu tun“. Das ist bei CVE-2019-19781 nicht angemessen, da Citrix bereits von “Exploits in the Wild” berichtet hatte. Hier ist ein MÜSSEN im Sinne des Grundschutzes erforderlich.

Folgt man der Einstufung „Risikostufe 3“ in der BSI Warnung von 18.12.2019, so würde man aus meiner Sicht nicht umgehend mitigierende Maßnahmen ergreifen.

Option Firewall mit IPS (virtuelles Patchen)

Nextgen Firewalls mit IPS (Intrusion Prevention System) können gerade bei Zero-Day-Schwachstellen über die Möglichkeit des virtuellen Patchens Cyberangriffe abwehren. Der Firewall entdeckt im Datenstrom Versuche, die Schwachstelle CVE-2019-19781 auszunutzen und blockt diese.

IPS hätte in diesem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit den Angriff nicht verhindert. Checkpoint hat etwa erst am 9.1.2020 ein passendes IPS Muster bereitgestellt, Fortinet am 13.1.2020

Option Application Whitelisting

Die betroffenen Citrix –Systeme können als virtuelle Appliance oder als Anwendung auf einem Linux-System (Bare-Metal) betrieben werden.

Im Fall der Appliance ist Application Whitelisting nicht möglich, da der Betreiber keine Zusatzsoftware installieren kann.

In einer Bare-Metal-Umgebung kann der Systemverantwortliche eine Application Whitelisting-Lösung einsetzen. Da Linux-Server als sicherer wahrgenommen werden als Windows-Server, wird häufig auf zusätzliche Sicherheitslösungen verzichtet.

Application Whitelisting hätte die Übernahme des Citrix Systems in der Bare-Metal-Umgebung mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert, da bei der Übernahme des Systems Code eingeschleust und ausgeführt wird.

Option System von Netzwerk trennen

Liefert der Hersteller weder Patches noch Hinweise auf mitigierende Maßnahmen, so ist die Trennung vom Netzwerk eine mögliche Option. Systemverantwortliche, IT-Manager und IT-Security-Manager sollten diese Option immer vorbereiten und trainieren. Das Risiko aus dem Verlust des Remotezugriffs auf Dienste muss in Relation zu dem Risiko gesetzt werden, das sich durch die Einschränkungen im Betrieb der kritischen Infrastruktur (Universitätsklinik) für die Bevölkerung ergibt.

Wichtig! Systemverantwortliche müssen vorab vom Management autorisiert werden, die Trennung durchzuführen, und dürfen nicht zögern, die Trennung durchzuführen.

Zusammenfassung

Mit Patchen/Mitigieren, Vorgehensweise nach ASCS, hätte die Uniklinik Düsseldorf den Angriff mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindern können.

Nach BSI Grundschutz hängt es aus meiner Sicht ausschließlich von der Einschätzung des Systemverantwortlichen ab, ob die mitigierenden Maßnahmen mit der gebotenen Geschwindigkeit umgesetzt werden. Für den Betrieb einer kritischen Infrastruktur ist diese Vorgehensweise zu unverbindlich. Der Angriff hätte aus meiner Sicht durch BSI Grundschutz nicht verhindert werden können.

Die Option System vom Netzwerk trennen hätte den Angriff sicher verhindert.

Firewall IPS hätte den Angriff wahrscheinlich nicht verhindern können, da die Muster zur Exploit-Erkennung zu spät bereitstanden.

Die Option Application Whitelisting hätte den Angriff nur in der Bare-Metal-Umgebung verhindern können.

Haben Sie sich schon mit der Option System vom Netzwerk trennen beschäftigt? Insbesondere in kritischen Infrastrukturen? Über ein Feedback würde ich mich sehr freuen.

Schönes Wochenende.


[i] RP ONLINE. Bundesamt für IT-Sicherheit: Hackerattacke auf Uniklinik Düsseldorf wäre verhinderbar gewesen [Internet]. RP ONLINE. 2021 [zitiert 16. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/uniklinik-duesseldorf-hackerattacke-waere-laut-bsi-verhinderbar-gewesen_aid-55626401

[ii] von Westernhagen O. Uniklinik Düsseldorf: Ransomware „DoppelPaymer“ soll hinter dem Angriff stecken [Internet]. Heise Online Security. 2020 [zitiert 16. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.heise.de/news/Uniklinik-Duesseldorf-Ransomware-DoppelPaymer-soll-hinter-dem-Angriff-stecken-4908608.html

[iii] Citrix. CVE-2019-19781 – Vulnerability in Citrix Application Delivery Controller, Citrix Gateway, and Citrix SD-WAN WANOP appliance [Internet]. Support Knowledge Center. 2019 [zitiert 16. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://support.citrix.com/article/CTX267027

[iv] NIST National Vulnerability Database. NVD – CVE-2019-19781 [Internet]. NATIONAL VULNERABILITY DATABASE. 2020 [zitiert 16. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://nvd.nist.gov/vuln/detail/CVE-2019-19781

[v] Citrix. Mitigation Steps for CVE-2019-19781 [Internet]. Support Knowledge Center. 2019 [zitiert 16. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://support.citrix.com/article/CTX267679

[vi] Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. BSI – CERT Bund -Meldungen – CB-K19/1093 [Internet]. Service. 2019 [zitiert 16. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Warnmeldungen/DE/CB/2019/12/warnmeldung_cb-k19-1093.html

[vii] Project Zero India. Citrix Application Delivery Controller and Citrix Gateway – Remote Code Execution (PoC) [Internet]. Exploit Database. 2020 [zitiert 16. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.exploit-db.com/exploits/47901

[viii] Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. BSI – CERT Bund -Meldungen – CB-K19/1093 Update 2 [Internet]. 2020 [zitiert 16. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Warnmeldungen/DE/CB/2020/01/warnmeldung_cb-k19-1093_update_2.html

[ix] Australian Cyber Security Centre. Australian Government Information Security Manual [Internet]. 2019 [zitiert 16. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.cyber.gov.au/sites/default/files/2019-04/Australian%20Government%20Information%20Security%20Manual%20(APR19)_0.pdf

[x] Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. IT-Grundschutz-Kompendium [Internet]. Reguvis Fachmedien GmbH; 2020 [zitiert 16. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Grundschutz/Kompendium/IT_Grundschutz_Kompendium_Edition2020.pdf

Threat Intelligence – What is it good for?

31 August 2019

I attended a virtual summit on threat intelligence this week. I watched two interesting presentations and found that I am still not convinced of the value of threat intelligence.

In vulnerability management for example threat intelligence speeds up decision making. But is speed in the decision-making phase of vulnerability management an issue?

OODA Loop

OODA Loop

When we deal with critical vulnerabilities, e.g. vulnerabilities of the WannyCry Class, speed is crucial. The OODA procedural model is perfectly suited as execution procedure for environments where speed is crucial for survival.

OODA, an acronym for Observe, Orient, Decide, Act, was developed by John Richard Boyd in the 1950’s as survival strategy in aerial combat. Colonel Boyd, one of the most influential military strategists ever, transferred OODA to other domains after he retired from the US Air Force.

The picture below shows the OODA procedural model adapted for vulnerability management.

OODA for Vulnerability Management

OODA for Vulnerability Management

We must decide whether urgent action is required if a new critical vulnerability is published. Data collected from OSINT sources, asset details, and experience in the evaluation of vulnerabilities are required for creating a well-founded decision.

Threat intelligence speeds up the Observe and Orient phase by e.g. providing data on exploits seen in the wild. But threat intelligence will neither replace current asset data, which are crucial for the Orient phase, nor speed up the Act phase, where the affected assets are patched, and their correct operations is verified.

So, if you decide on investing in threat intelligence ask yourself the question: What benefits do I expect to gain from threat intelligence in what use cases? Otherwise, it is very likely that you get disappointed.

Have a good weekend.

What is the Most Secure Web Browser?

23 September 2018

For some weeks now I am busy with patch strategy and vulnerability management. When new critical vulnerabilities shows up two questions must be addressed:

  1. How fast must we patch the vulnerable systems?
  2. What vulnerabilities must be patched with highest priority? Or mitigated, if a patch is not available in due time.

Speed is the key in cyber security. The faster we find and patch vulnerable systems the greater is the chance that cyber criminals cannot exploit the vulnerabilities.

The exploit is the weapon in cyber warfare. A vulnerability as such increases the potential risk only. Once an exploit is published that can leverage the vulnerability, the vulnerability becomes a real risk. And if the exploit is “in the wild”, i.e. if the exploit is actively used by cyber criminals for attacks, the IT organization is on red alert.

Unfortunately, no one knows when an exploit spreads in the wild. Therefore, the cautious answer to the above questions is:

“The moment an exploit for a critical vulnerability is published it must be patched directly, at least on critical systems. If a patch is not available proper protective measures must be applied to mitigate the risk effectively.”

Browsers are the most critical systems because they are used in a hostile environment. Browsers are very complex applications, thus prone of errors.  Between 2013 and 2017 about 11% of 40671 vulnerabilities in total were found in the 4 major browsers Chrome, Firefox, Internet Explorer and Edge.

Market Share Browsers 2013 - 2017

Market Share Browsers 2013 – 2017. Data source: StatCounter

Browser Vulnerabilities 2013 - 2017

Browser Vulnerabilities 2013 – 2017

It remarkable to see that 67% of all browser vulnerabilities are related to IE, Edge and Firefox although they have only a small market share (11% in 2017).

Exploit publication date relative to CVE publication date

Exploit publication date relative to CVE publication date 2013 – 2017

The graphic above shows the number of exploits that are published within one month before the CVE is published compared to the number of exploits published within one month after the CVE is published.

Except for Chrome and Firefox the majority of exploits is published after the vulnerability is published. Nevertheless, we have to patch immediately on publication of a CVE.

How many exploits spread in the wild? This question is hard to answer. The Symantec attack signatures give a useful indication. “An attack signature is a unique arrangement of information that can be used to identify an attacker’s attempt to exploit a known operating system or application vulnerability.” 

Exploits in the Wild 2013 - 2017

Exploits in the Wild 2013 – 2017

This is an amazing result, isn’t it.

Have a great week!


Data sources

  1. NIST. NVD Database. https://nvd.nist.gov/
  2. Offensive Security. Exploit Database. https://www.exploit-db.com
  3. Andrea Fioraldi. CVE Searchsploit.
    https://github.com/andreafioraldi/cve_searchsploit/tree/master/cve_searchsploit
  4. NIST. EXPLOIT-DB Reference Map. http://cve.mitre.org/data/refs/refmap/source-EXPLOIT-DB.html
  5. Symantec.com. Attack Signatures.  https://www.symantec.com/security_response/attacksignatures/